„Warum ich im Glashaus mit Steinen warf“

 

Auf dem Lebensweg eines Jugendlichen gibt es oft Probleme und Brüche. Sich selbst zu finden und dabei nicht aufzugeben, waren die Themen des Vortrags „Identitätsreise ,Wer bin ich wirklich?‘“, der am 10. Oktober im Mehrzweckraum unserer Schule stattfand.

Im „Glashaus“ lebt Deva Manick bis zu seinem 24. Lebensjahr. Es bedeutet für ihn, sich jeden Tag aufs Neue verstellen zu müssen, um den Erwartungen seiner Außenwelt wie Eltern, Freunden und Lehrern gerecht zu werden. Nur abends im Bett kann er sich zu seiner wahren Identität bekennen. Ein besonderer Druck entsteht dabei dadurch, dass er sich als Kind tamilischer Eltern in Ratingen zwischen zwei Welten bewegt; auf der einen Seite ist er den Werten des hinduistischen Kastenwesens verpflichtet, auf der anderen Seite der westlichen Lebensweise seiner deutschen Heimat. Dieser Spagat zwischen zwei Kulturen prägt Manicks weiteren Lebensweg. Beispielsweise ist das Zeigen von Gefühlen für die Eltern tabu und der westliche Lebensstil erweckt ihr Misstrauen. So wird er zwangsläufig zum Außenseiter, weil er nicht an Klassenfahrten teilnehmen und auch keine Partys besuchen darf.

Seelenmord

Den Zwiespalt zwischen den Werten, die in einer deutschen Schule vermittelt werden, und den Vorstellungen in seinem Elternhaus kann Manick kaum überbrücken. Er muss sich für die „schulische Welt“ zuhause rechtfertigen. Jegliche Versuche, Freiheit und Selbstständigkeit zu erlangen, werden unterdrückt. Diese elterlichen Bemühungen, seine Identität gemäß ihrer eigenen Werte zu bestimmen, bezeichnet er als Seelenmord.

Flucht in Nikotin, Internet und zu falschen Freunden

Als Konsequenz beginnt Manick als Zwölfjähriger zu rauchen und sucht immer häufiger Zuflucht im Internet. Seine Freizeit verbringt er mit Gleichaltrigen, die sich als falsche Freunde erweisen: Sie rauchen und kiffen, verfügen über Geldmittel, sind aber sozial verwahrlost. Er wird auch geschlagen, eine Erfahrung, die er auch bis zu seinem 19. Lebensjahr immer wieder zuhause macht, wo er regelmäßig Schläge von seiner kriegstraumatisierten Mutter ertragen muss.

Wendepunkte

Mit 13 Jahren nimmt Manick sein Leben erstmals selbst in die Hand, indem er die Schule wechselt und mit seiner Clique bricht, die seiner Entwicklung hinderlich ist.
Der entscheidende zweite Wendepunkt vollzieht sich in seinem 24. Lebensjahr, als er nach mehreren Schicksalsschlägen wie dem Tod seiner Mutter, dem Verlust seines Arbeitsplatzes und dem Zerbrechen seiner Beziehung ins Bodenlose stürzt. Er betäubt seinen Schmerz mit übermäßigem Verzehr von Fastfood und Süßigkeiten, sodass er stark an Gewicht zunimmt. Seine Gefühle beschreibt er mit den Worten „dunkel, kalt, einsam und allein“. Bewusst sucht er den Kontakt zu Obdachlosen, weil er dabei ist, sich selbst aufzugeben.

„Einmal kommst du wieder“

Dann jedoch hört Manick auf seine innere Stimme, die ihm rät nicht aufzugeben. Er sucht im Internet Hilfe und wird auf einer Coaching-Seite fündig: Er legt alte Gewohnheiten ab und verbrennt die auf einem Zettel aufgeschriebenen schlechten Einflüsse und Erfahrungen, von denen er sich lösen will, symbolisch im Wald. Jetzt kann er sich neu erfinden. Er absolviert in der Folgezeit ein Praktikum, unterrichtet selbst, arbeitet als Redakteur beim Fernsehen und gewinnt viele Freunde, die ihm guttun. Für seine frühere schwierige Lebenssituation findet er die Erklärung: „Mein Selbstbewusstsein wurde immer unten gehalten.“ Am Ende seines Vortrages gibt Manick den Zuhörerinnen und Zuhörern mit auf den Weg:

„Jeder von Euch hat einen sehr hohen Wert. Nur Du entscheidest, wie wertvoll Du selbst mit Dir umgehst und wie andere mit Dir umgehen dürfen.“

Im Anschluss bestand die Möglichkeit, mit Deva Manick ins Gespräch zu kommen, die auch von einigen mutigen Schülerinnen und Schülern wahrgenommen wurde.

Einige Stimmen aus der 10. Jahrgangsstufe zur Veranstaltung mit Herrn Manick:

Obwohl es eigentlich total logisch ist, dass man nur glücklich wird, wenn man zu dem steht, wie man ist oder was man macht bzw. machen möchte, passiert es immer wieder, dass man so handelt, wie es die Familie oder Gesellschaft von einem erwartet oder dass mich sich vor anderen verstellt. Ich fand es sehr gut, dass Deva Manick uns dies wieder ins Gewissen rief, indem er seine komplizierte Lebensgeschichte erzählte. Viele der genannten Punkte konnte ich gut nachvollziehen und andere konnten das, glaube ich, auch. Ich bin mir sicher, dass es vielen hilft, wenn man weiß, dass man mit seinen Problemen nicht alleine ist und einem die einfachste Lösung vorgezeigt wird: Einfach so sein, wie man sein möchte.

Mich hat der Vortrag zum Nachdenken angeregt.

Deva Manick hat alles sehr gut rübergebracht. Er hat mich dazu bewegt darüber nachzudenken, wer ich sein möchte und mit welchen Menschen ich mein weiteres Leben führen will. Außerdem konnte man sich bei manchen Dingen selbst wiedererkennen und ihm war es sehr wichtig, dass man niemals aufgibt, was sehr wichtig für das weitere Leben ist.

Er hat seine Gefühle offen kundgegeben, was für einen Mann bzw. Jungen nicht selbstverständlich ist, da Jungs viel mehr in sich gekehrt sind und ihre Gefühle meist nicht so offen anderen Menschen mitteilen.

Es ist erstaunlich, wie offen er mit seinen Gefühlen und seiner Situation umgeht.

Ich finde es interessant, dass Deva Manick aus seinem Leben erzählt hat und er Fragen gestellt hat, die uns alle betreffen. Außerdem hat man eben in der Jugend viele Fragen und es ist gut, dass er darüber geredet hat und einen selbst zum Nachdenken anregt, wer man ist. Zudem stärkt er einen durch das Erzählen über das Selbstwertgefühl.

Es war sehr bewundernstwert zu hören, wie Deva Manick sein Leben wieder in den Griff bekommen hat.

Ich finde es sehr gut, dass Deva Manick nicht nur [aus seinem Buch] vorgelesen hat, sondern auch sehr viel erklärt hat. Auch ich bin der Meinung, dass es sehr viel Stärke und Mut benötigt, mit so einer Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen. Deva ist aus meiner Sicht ein starker Mann. Ich freue mich für ihn, dass er eine Frau gefunden hat, mit der er glücklich ist.

 
 

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